Narrative der (Gemeinwohl-)Tat: Ein Anfang

Es war einmal… blickt auf eine Vergangenheit.

Es ist nun so… meint die Gegenwart zu erfassen.

Es wird gewesen sein… sieht in die (vorweggenommene) vollendete Zukunft.

Geschichtenerzählen ist ein nicht wegzudenkender Teil menschlicher Kultur, dessen kreative (im Sinne von „erschaffende“) und motivierende Kraft die rein konservierend-bewahrende Weitergabe von Wissen übersteigt. Wir alle sind Geschichtenerzähler_innen an jedem einzelnen Tag: über uns; über Menschen, die wir (glauben zu) kennen und über Menschen, die wir (noch) nicht kennen; über das, was wir sehen, riechen, schmecken, fühlen, erleben; über die (uns zugänglichen Ausschnitte einer) Welt, in der wir leben. Jede dieser Geschichten sagt mehr über uns selbst aus, als über das, worüber sie vermeintlich etwas erzählen sollte.

Die Kulturtechnik Storytelling sollte damit Genüge getan worden sein. Der Gedanke hinter Narrativen der (Gemeinwohl-)Tat greift auf, was FUTURZWEI. Stiftung Zukunftsfähigkeit als „Geschichten des Gelingens“ in ihrem umfangreichen Zukunftsarchiv bündelt. Und „aufgreifen“ ist hier nicht mit „to show some Copy&Paste-Love“ – was dem schlichten Kopieren der dortigen zweifellos gut geschriebenen Texte entspräche – zu verwechseln.
Wenn das Weitererzählen von Seiten der Stiftung mit dem fortgeschrittenen Deutschunterrichtsbezug im Namen, in dessen Vorstand ein gewisser Prof. Dr. Welzer sitzt (geübten Leser_innen dieses Blogs vielleicht nicht ganz unbekannt – sein aktuelles Buch: Die smarte Diktatur), ausdrücklich erwünscht ist… dann könnt ihr damit rechnen, dass sich einige davon – selbstredend in eigener gemeinwohltuender Erzählform – hier finden werden.

Andere Narrative der (Gemeinwohl-)Tat werden wir der zukunftsbefähigenden Stiftung vielleicht sogar voraushaben (oder hat jemand von euch dort z.B. schon Fairmondo entdeckt?) – ganz zukunftsweisend wäre das dann.
Lasst uns doch einfach gemeinsam diese Geschichten gelingender Gemeinwohltaten erzählerisch zusammentragen – seid eingeladen, jene gemeinwohltuenden Narrative zu finden, die wir uns gegenseitig erzählt haben werden…

Postwachstum zwischen Anführungszeichen: über „Horizontverschiebung“

In der 28. Ausgabe der Zeitschrift oya aus dem September/Oktober 2014 schreibt Andrea Vetter unter der Überschrift des „Entwachstum“ darüber, dass die Vision hinter dem, was weltweit mit dem Begriff „Degrowth“ belegt wurde, letzlich auf eine Verschiebung des eigenen Horizonts hinausläuft. Vermutlich können wir unsere Vorstellungskraft hinsichtlich alternativer Lebens- und Wirtschaftsweisen vor allem dadurch vergrößern, dass wir den Rahmen des bislang Vorstellbaren neu vermessen. Dazu kann eine zurückgewonnene Kultur des Geschichtenerzählens und des tatkräftigen Probierens maßgeblich sein. Serge Latouche fordert uns in diesem Zusammenhang zu einer

Entkolonialisierung des Imaginären

auf. Das heißt dann wohl, unsere Imagination sei bislang nicht über den Status einer Kolonie eines neoliberalen, wachstumsökonomischen Zeitgeistes hinausgekommen. Das gilt es zeitnah zu ändern. Wenn aber auch eine „Degrowth-Gesellschaft“ mehr sein soll, als eine kollektive (Wirtschafts-)Wachstumsrücknahmesammelstelle, dann wäre sie wohl am ehesten – mit den Worten von Andrea Vetter – eine

Gesellschaft des Wesentlichen.

Das wiederum wirft die umfassendere Frage nach dem auf, was wir als dieses Wesentliche erachten wollen.


Internetquellen:

Vetter, Andrea (2014): Entwachstum. In: oya, 5. Jahrgang 2014, Ausgabe 28, September/Oktober 2014, S. 14-18

Latouche, Serge (2005): Nachdenken über ökologische Utopien. Gibt es einen Weg aus der Wachstumsökonomie? In: Le Monde diplomatique, deutsche Ausgabe vom 11.11.2005